Nach Erhalt einer Abmahnung ist ein Arbeitnehmer, verständlicherweise, zunächst sehr verunsichert. Wie soll er sich verhalten? Welche Folgen kann eine Abmahnung haben? Ist es sinnvoll, rechtlich dagegen vorzugehen?

Begriff und Funktion der Abmahnung

Eine Abmahnung ist der Ausdruck der Missbilligung eines Verhaltens unter Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sofern das Verhalten nicht geändert wird (BAG Urteil v. 17.02.1994, NZA 1994, 656).
Die Abmahnung ist gesetzlich nicht geregelt. Sie ist aber im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung entwickelt worden, um dem Ultima-ratio-Prinzip, das besagt, dass eine Kündigung immer nur das letzte Mittel der Wahl sein darf, gerecht zu werden.
Die Abmahnung hat eine Rüge- , Warn- und Dokumentationsfunktion.
Sie soll dem Arbeitnehmer vor Augen führen, welche arbeitsrechtlichen Pflichten er verletzt hat und ihn zur künftigen Einhaltung anhalten. Zudem soll sie den Arbeitnehmer warnen, welche Konsequenzen eine Wiederholung mit sich bringen kann und dies dokumentieren.

Inhalt einer wirksamen Abmahnung

Eine wirksame Abmahnung muss letztlich die oben genannten Funktionen erfüllen.
Hierzu ist es zunächst erforderlich, dass das Fehlverhalten ganz konkret bezeichnet wird. Formulierungen, die die Abmahnung auf „Unpünktlichkeit“, „Unzuverlässigkeit“, „Unsauberkeit“, „Unfreundlichkeit“, „ungebührliches Verhaltens“ oder „mangelhafte Leistungen“ stützen, sind nicht hinreichend konkret und genügen den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Abmahnung zu stellen sind, nicht.
Gleichermaßen ist auch, die in der Praxis häufig verwendete Abmahnungsformulierung „Ihre Leistungen lassen zu wünschen übrig“, unzureichend.
Neben der konkreten Bezeichnung des Fehlverhaltens ist es zwingend erforderlich, dass für den Fall der Wiederholung genau bezeichnete arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht werden. Auch hier reicht der allgemeine Hinweis, dass „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ folgen, nicht aus. Es genügt, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt wird, wobei eine genaue Bezeichnung der Kündigungsart nicht erforderlich ist.
Letztlich ist es für die Wirksamkeit einer Amahnung auch erforderlich, dass diese dem Arbeitnehmer zugeht, d.h. zur Kenntnis gelangt.

Ausspruch der Abmahnung

Eine Vorschrift, die die Schriftlichkeit einer Abmahnung anordnet existiert nicht, mit der Folge, dass Abmahnungen auch mündlich wirksam ausgesprochen werden können.
Abmahnungen werden jedoch in der Regel schriftlich erteilt, weil der Arbeitgeber, z.B. in einem Kündigungsschutzprozess , nicht nur das Vorliegen der Abmahnung, sondern auch die Einhaltung der o.g. Anforderungen an den Inhalt einer Abmahnung zu beweisen hat.
Nicht erforderlich ist es, dass die Abmahnung von einer Person ausgesprochen wird, die auch zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt ist (Arbeitgeber, Geschäftsführer, Prokurist etc.).
Eine Abmahnung kann grundsätzlich jeder Mitarbeiter erteilen, der dem abzumahnenden Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt ist.

Kündigungsvoraussetzung

Die Abmahnung ist im Fall einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung regelmäßig Kündigungsvoraussetzung. Daher ist eine Kündigung, gestützt auf ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers, das zuvor nicht abgemahnt worden ist, wegen des Ultima-ratio-Prinzips (allerletztes Mittel der Wahl) unwirksam.
Anders ist dies in den Fällen der außerordentlichen Kündigung. Hier wird dem Arbeitnehmer ein Pflichtenverstoß vorgeworfen, der es dem Arbeitgeber unmöglich macht, dass Arbeitsverhältnis fortzusetzen und den Ablauf der Kündigungsfrist abzuwarten. Ein solches Verhalten (z.B. Diebstahl) ist daher naturgemäß so schwerwiegend, dass eine Abmahnung dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist.
Ob eine einmalige Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung ausreicht, oder ob mehrmalig abzumahnen ist, ist im Einzelfall zu entscheiden und hängt von der Schwere des vorwerfbaren Verhaltens, bzw. davon ab, inwieweit dem Arbeitgeber zuzumuten ist, auch ein wiederholtes Fehlverhalten hinzunehmen bevor gekündigt werden kann.
Abmahnungsfähig ist lediglich ein Verhalten, dass vom Arbeitnehmer steuerbar ist. Denn nur dann, wenn ein Verhalten steuerbar und damit auch änderbar ist, kann die Abmahnung ihre Funktion, auf ein vertragskonformes Verhalten des Arbeitnehmers hinzuwirken, auch erreichen.
Entbehrlich ist demnach eine Abmahnung, wenn der Arbeitnehmer zu erkennen gibt, dass er zu einem vertragstreuen Verhalten nicht willens oder nicht in der Lage ist. (BAG Urteil v. 26.01.1995, NZA 1995, 517.)
Eine Abmahnung ist auch in den Fällen nicht erforderlich, in denen das KschG auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet, mit der Folge, dass in der 6-monatigen Wartezeit des § 1 KSchG und in Kleinbetrieben eine Abmahnung vor Auspruch der Kündigung nicht notwendig ist.

Rechtschutz gegen eine Abmahnung

Eine einmal ausgesprochene Abmahnung wird vom Arbeitgeber in die Personalakte aufgenommen. Dabei besteht auf Seiten des Arbeitnehmers die Möglichkeit auf Beseitigung der (rechtswidrigen) Abmahnung aus der Personalakte zu klagen.
Grundsätzlich halte ich eine solche Vorgehensweise jedoch nur in Ausnahmefällen für ratsam. Zunächst bedeutet dieser Weg eine Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber vor Gericht, was zu einer starken Belastung der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führt und nicht selten mit einer Kündigung endet.
Zudem wird die Abmahnung, im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, ohnehin auf ihre Rechtswirksamkeit hin überprüft, mit der Folge, dass eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung, die einer Abmahnung bedarf, dann unwirksam ist, wenn die ihr zugrundeliegende Abmahnung unwirksam ist.

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